Die Figaro 3 war hat auf der Paris Boat Show Ende 2018, wo sie offiziell vorgestellt worden ist, für Aufsehen gesorgt: Der VPLP-Entwurf ist seitdem die erste und einzige Serienyacht mit Foils. Entwickelt und gebaut wurde die Figaro 3 für die legendäre Figaro-Klasse, die in Frankreich höchstes Ansehen genießt. Hier trainiert die Weltklasse des französischen Segelsports neben den Nachwuchs-Seglern und Amateuren. Eine One-Design-Klasse, die es in sich hat: Die härtesten Einhandrennen Frankreichs werden so für „jedermann“ erschwinglich. Die Einheitsklasse sorgt für Ausgeglichenheit und Chancengleichheit.
Wir haben mit Luc Joessell gesprochen, den wir im Corona-bedingten Home-Office zu einem kleinen Interview überreden konnten.
ENJOY YACHTING: „Luc, schön, dass Du Dir Zeit für uns nimmst, vielen Dank im Voraus. Bitte erzähle uns zunächst kurz wer Du bist und welche Position und Aufgaben Du bei BENETEAU hast.“
Luc Joessel: „Hallo Lars Reisberg, Danke für Eure Anfrage bei mir. Also, ich bin jetzt erst im dritten Jahr bei BENETEAU. Hier arbeite ich als Produkt Manager im Segelboot-Bereich als Teil des Marketing-Teams. Ich bin jetzt seit über 20 Jahren in der Bootsbranche, zunächst war ich in England bei Spinlock, später lange Zeit bei North Sails in Grankreich – meist im Kommunikationsbereich. Segeln, klar, ist meine Leidenschaft.“
ENJOY YACHTING: „Hattest Du eine Rolle bei der Entwicklung der Figaro 3? Welche Aufgaben hast Du zurzeit im Zusammenhang mit dieser Rennyacht … immerhin sehen wir Dich auf vielen Fotos auf dem Boot.“
Luc Joessel: „Nein, leider war die Entwicklungsphase dieser neuen Rennyacht schon abgeschlossen, als ich zur Werft kam, aber ich durfte das Boot „in den Markt“ begleiten sowie die ganze Kampagne rund um unsere nagelneue „Racing“-Werft in Chevrié. Meine Rolle jetzt, wenn es um die Figaro 3 geht, ist eine Art Verbindungsglied zwischen Beneteau und den Seglern in der Klasse zu sein. Hier kommt mir meine Vorgeschichte bei North Sails sehr zu Hilfe. Seit 2018/19 organisiere ich die Auslieferungen, aber auch Werksführungen und Probesegel-Events um mehr Boote aufs Wasser zu bekommen. Mein erstes Projekt war die Weltpremiere in Paris 2018 und letztes Jahr hatten wir in 2019 die erste volle Rennsaison mit den Figaro 3-Yachten – viel, viel Arbeit also.“
ENJOY YACHTING: „Wie macht sich die Figaro 3 bisher?“
Luc Joessell: „Wir sind recht zufrieden, was den Verkauf angeht: Bisher sind 90 Einheiten von uns gebaut worden, etwa 70 davon sind verkauft. Die meisten natürlich hier in Frankreich in die Klasse, einige sind aber auch in Europa bei Privat-Eignern, ein paar in den USA und einige sogar in Asien.
ENJOY YACHTING: „Wie akzeptierte die Klasse dieses neue Boot? Die Figaro 3 unterscheidet sich ja doch erheblich von ihrer Vorgängerin?“
Luc Joessell: „Das Feedback der Segler aus der Klasse ist sehr gut – man darf hier nicht vergessen, dass die Figaro 3 als erste Foil-unterstützte Serienyacht der Welt eine vollkommene Neuheit ist, niemand vorher hat in diesem Umfang so einen Sprung nach vorn gemacht. Die Lernkurve ist entsprechend steil bei der Figaro 3. Ich Halte Figaro-Segler für die besten Einhandsegler des Planeten – ohne Witz – und die erste Rennsaison war sehr, sehr intensiv auf diesem Boot. Jeder, uns als Werft eingeschlossen, musste sich einigen sehr interessanten Herausforderungen stellen. Aber wir hatten ein fantastisches erstes Jahr, beim Hauptevent der Saison, der „Solitaire du Figaro“, einem 3-tägigen, sehr harten und anspruchsvollen Einhandrennen, waren wir gleich mit 47 nagelneuen Figaro 3 am Start. Wahnsinn!“
ENJOY YACHTING: „Was unterscheidet die Figaro 3 von der Vorgängerin? Was sind ihre Vorteile und Stärken?”
Luc Joessell: „Die Figaro 3 zunächst mal Offshore-Boot, das allen Anforderungen an eine moderne Rennyacht gerecht wird. Das Briefing der Klasse für die neue Figaro war im Prinzip einfach – und wird viele überraschen: Hauptaugenmerk neben den seglerischen Eigenschaften sind hierbei wirtschaftliche. Das Boot muss so up-to-date sein, dass man mit ihm mindestens auf 10 Jahre im Top-Bereich mitsegeln kann. Diese Regel wurde eingeführt, um das Investment der Skipper – Profis wie Amateuere – zu schützen. Das macht unsere Klasse so attraktiv. Was die Vorteile und Stärken angeht, so setzt auch die Figaro 3 Maßstäbe. Das versteht man am besten im Zusammenhang mit ihren Vorgängerinnen: Jede Figaro ist state oft he art ihrer Zeit gewesen. Die Figaro 1 war damals das erste Offshore one-design Boot mit Ballast-Tanks, die Figaro 2 war die erste mit einem standardmäßigen Carbon-Rigg und Doppelrudern, dazu gab es erstmals die ISO Kategorie A-Zertifizierung. Nun, die Figaro 3 ist das erste Serienboot mit Foils. Diese sind nicht zu „fliegen“, sondern ersetzen die Ballast Tanks. Zudem ist das Boot fast vollkommen im Vakuum-Infusionsverfahren hergestellt, hat einen hochmodernen Segelplan – weit achtern platzierter Mast, Square-top Groß, Leichtwindsegel auf einem Carbon-Spriet – und ist auch Kategorie A-zertifiziert. Wir finden, sie ist das perfekte Offshore-Boot für die kommende Dekade.“
ENJOY YACHTING: „Wie würdest Du die Segeleigenschaften der Figaro 3 beschreiben? Wie ist es, eine Foil-Yacht zu segeln=“
Luc Joessel: „Sie ist ein absolute Spaßboot! Sehr schnell, viel Fun. Man merkt sofort wie agil sie auf dem Ruder liegt und wie einfach sie sich steuern lässt. Viele Segler fokussieren sich auf die Foils und wirken fast eingeschüchtert und übervorsichtig auf den ersten Meilen – sie vergessen die Dinger dann aber immer sehr schnell, weil sie sehr, sehr einfach zu bedienen sind. Die Foils der Figaro 3 arbeiten wie Daggerboards, die man bsp. vom Kat kennt. Ab 10 bis 10 Knoten Boat Speed sind sie wie ein „Turbo“. Die Figaro 3 folgt im Prinzip dem Offshore-Trend bei Rennbooten: Genauso wie bei den großen modernen IMOCAs mit den Riesenfoils, ist mittlerweile der Skipper der limitierende Faktor, nicht mehr das Boot. Die Figaro 3 hat so viel Power, dass man als Skipper wirklich gut trainiert sein muss und auf sich aufpassen sollte, denn über eine volle Rennlänge auf „volle Power“ kann und wird die Figaro 3 einen Menschen quasi ausbrennen. Meine erste echte Regatta auf der Figaro 3 war der Sardinha Cup, der von BENETEAU veranstaltet wird, ein Rennen mit einer Zweiercrew an Bord. Das Feld hat von Anfang an hart gepushed, wir hatten einen guten Wind und die Boote sind förmlich geflogen. Nachdem wir nach der ersten Etappe abends alle im Hotel waren, stellten wir uns nur die Frage: Wie soll so etwas nur einhand funktionieren?! Aber Segler lernen schnell und adaptieren. Man muss den Mustang halt erst einmal zureiten …“
ENJOY YACHTING: „Wir hatten vor Dir Luca Ardizion im Interview, der uns viel über die neue OCEANIS 40.1 verraten hat: Gibt es Dinge, Details oder Trends, an der Figaro 3, die in den nächsten Jahren auf die anderen Serienyachten der BENETEAU-Range übertragen werden?“
Luc Joessel: „Schwer zu sagen, Lars. Obwohl die Foils der Figaro 3 wirklich spürbar zur Stabilität und damit zum Komfort beim Segeln beitragen, ist es schwer sich vorzustellen, diese Technologie auf den Fahrtenyachten zu sehen. Die Foils sind sehr teuer in der Fertigung und werden dies wohl auch noch länger bleiben. Vielleicht werden aber andere Dinge der Figaro 3 übertragen: Für die Figaro 3 haben wir beispielsweise einige neue Ausrüster für teile des Equipments ausprobiert und machen sehr gute Erfahrungen, einige hiervon finden sich schon jetzt auf der FIRST YACHT 53 wieder. Unser Kontrakt mit Norths Sails beispielsweise (wobei jeder Figaro-Skipper natürlich seinen eigenen Segelmacher beauftragen kann), Lorima/Sparcraft Teile für das Rigg, Equipment von Harken oder der tolle Kiel von Lemer. All dies sind schon jetzt Auswirkungen unseres „Formel 1“-Bootes auf die Fahrtenyacht-Sparte.“
ENJOY YACHTING: „Was ist für dich das Eindrucksvollste an der Figaro 3?“
Luc Joessel: „Mich beeindruckt immer wieder, wie kinderleicht und erholsam das Steuern der Figaro 3 am Ende ist, nein wirklich! Ich erinnere noch gut den Presse-Test mit Segeljournalisten in Newport in den USA: Sehr, sehr viel Wind und damit ordentlich Druck im Riff. Jeder an Bord fühlte sich aber sicher, alle hatten enorm Spaß und als wir dann den Gennaker, dann immerhin insgesamt 160 qm Segelfläche, im Wind hatten und uns den 20 Knoten näherten, konnte man die Figaro 3 am Steuer mit einem Finger kontrollieren. Wirklich, diese Yacht sicher, bietet viel, viel Segelspaß und ist auch für Amateure sehr leicht in Bereiche von 15 bis 20 Knoten Boat Speed zu bekommen. 25 Knoten und mehr wiederum ist dann dich eine andere Liga und erfordert viel Können – die meisten der Profis schaffen dies aber auch wiederum relativ schnell.“
ENJOY YACHTING: „Mal abgesehen von der Figaro-Klasse, die bei Euch in Frankreich ja legendär ist, welche privaten Leute außerhalb Frankreichs kaufen sich eine Figaro 3? Was sind das für Menschen?“
Luc Joessel: „Ganz unterschiedlich, wir haben hier einen Mix von Eignern. Da wären beispielswiese komplette Crews mit 5 oder mehr Leuten bis hin zu Eignern, die von genau solchen Booten kommen und die Nase voll haben vom Teamwork und jetzt mal alles alleine machen wollen. Was alle eint natürlich ist die Leidenschaft für das Segeln und den Segelsport.“
ENJOY YACHTING: „Abschließend, Luc: Wie sieht die Zukunft der Figaro 3 aus? Was ist aus den Plänen geworden, diese Rennyacht als das neue One-Design-Boot für Olympia zu etablieren?“
Luc Joessel: „Paris 2024 ist für uns Franzosen eine große Sache, natürlich ebenso für Beneteau. HHier unser Boot als das neue olympische One-Design am Start zu haben, wäre ganz großartig. Aber die Entscheidung liegt natürlich nicht bei uns, es ist auch noch zu früh, um hier etwas zu sagen, aber wir stehen im Kontakt mit World Sailing, allerdings genauso wie viele andere Hersteller auch. Es bleibt also spannend. Unser Fokus liegt aber ehrlich gesagt eher darauf, noch mehr Eigner für das Figaro 3-Konzept zu begeistern: Wir wollen noch mehr Boote in Europa im Wasser sehen und fangen an, Möglichkeiten im segelverrückten Neuseeland und Australien auszuloten. Das Ein- oder Zweihand-Offshore-Segeln ist ein großer Trend und erfreut sich wachsender Beliebtheit. Diese Rennen – auch die bei Euch in Deutschland – boomen geradezu! Insofern wollen wir hier natürlich den Seglern die Vorbehalte gegenüber den Foils nehmen und ihnen vermitteln, wie einfach und faszinierend Figaro-segeln ist.“
Luc – herzlichen Dank für dieses Interview! Wenn Sie eine FIGARO 3 live sehen und selbst ausprobieren möchten, senden Sie uns bitte eine Email. Gern schicken wir Ihnen vorab die Preis- und Optionsliste. Übrigens würden sowohl ENJOY YACHTING als auch die Werft eine erste Figaro 3 in Deutschland noch ganz speziell unterstützen: Fragen Sie nach den Sonderkonditionen.