Der Frühling naht und mit ihm geht auch bei uns die Auslieferungs-Saison 2021 los. Nachdem Corona-Lockdown und zuletzt zwei Wochen „Flockdown“ im Wintereinbruch für einen regelrechten Stau an Aufgaben gesorgt haben, kommt es nun geballt: Wir freuen uns, unseren Kunden nun endlich die Yachten fertig machen und ausliefern zu können. Zu einer professionellen Auslieferung gehört natürlich auch die Inbetriebnahme und Abnahme der Flüssiggas-Anlage – dass das Routine sein sollte, aber leider oft „unter den Tisch gekehrt“ und etwas „schluderig“ behandelt wird, ärgert uns als Yachthändler sehr – warum Sie als Neuboot-Käufer und Yacht-Skipper hier genau hinschauen sollten, erklärt Ihnen unser Technik-Manager Thore Alke.
Thore Alke hat im letzten Winter eine Zusatz-Ausbildung beim Deutschen Verband Flüssiggas e.V. abgeschlossen und nimmt für ENJOY YACHTING Ihr Neuboot nun auch samt Gasabnahme in Betrieb. Aktuell treffen wir ihn an Bord einer neuen OCEANIS 30.1 von BENETEAU und begleiten ihn bei seinem Umbau-Einsatz: Interessante Einblicke!
Warum muss eine nagelneue Yacht umgebaut werden?
„Im Prinzip sprechen wir hier nicht von einer Abnahme“, sagt Thore zunächst, „sondern von einem Umbau. Das ist, was viele Neuboot-Kunden und vor allem Skipper, die zum ersten Mal ein Boot kaufen, verstehen sollten: Die Yachten kommen aus der Werft mit einer Gasanlage bei uns an, die nach EU-Norm eingebaut ist. Diese Anlage entspricht aber nicht den, weitaus strengeren, Normen in Deutschland.“ Der Name der Norm, so Thore Alke, ist G 608. Warum Deutschland hier strenger als die EU ist? „Wenn man sich die Schadensstatistiken der Versicherer anschaut, sind Feuer-Unfälle ganz weit vorn – hier würde ich sagen, ist der deutsche Regulierungswahn dann doch mal richtig investiert. Und weil der Umbau einer Gasanlage von EU auf G 608 recht aufwändig ist, taucht dies – zumindest bei unseren Neubooten – auch ganz transparent in unserem Kauf-Angebot auf.“
Was muss alles umgebaut werden? „Für uns der aufwändigste und wichtigste Schritt hat mit dem Leitungssystem zu tun“, erklärt Thore Alke: „man muss sich das so vorstellen, dass die gesamte Leitung von der Gasflasche bis zum Herd insgesamt nur 40 Zentimeter Gummischlauch enthalten darf.“ Der rest, so Alke, muss Kupferleitung sein. Der Gesetzgeber sieht dies so vor, weil Gummi mit der Zeit durch den Verlust von Weichmachern aber auch mechanischer Beanspruchung (durch Biegen beispielsweise) spröde und damit undicht werden kann: Je weniger Gummi im System, desto geringer die Gefahren.
Der Umbau ist aufwändig: Die Kupferleitung muss abgelängt und auf wenige Millimeter genau zurechtgebogen werden. Das ganze dann in regelmäßigen Abständen sicher am Schiffsrumpf zu befestigen und mit einem zusätzlichen Schlauchschutz zu versehen, verlangt viel akrobatisches Geschick von Thore Alke: „Wir müssen teilweise Anbauteile entfernen, Paneele abbauen und natürlich den kompletten Herd ausbauen. Das geht bei so kleinen Yachten, wie dieser OCEANIS 30.1 noch vergleichsweise einfach, kann bei den großen Schiffen aber sehr komplex werden.“ Alke verlötet die bestehende mit der neuen Kupferleitung, montiert den Gashahn wieder sicher auf einem neuen Gewinde und baut dann die 2 x 20 Zentimeter Gummischlauch an. Doch damit ist es noch lange nicht getan.
„Die meisten Werften liefern die Yachten mit einfachen Gasdruckminderern aus. Diese sind nach G 608 jedoch auch nicht zugelassen und müssen mit jenen ersetzt werden, die ein Manometer integriert haben“, erklärt Thore Alke weiter. So kann der Eigner jederzeit den Druck in der Flasche sicher kontrollieren. „Dann checken wir noch die Abluftkanäle aus dem Gaskasten. Diese müssen senkrecht nach unten gehen und dürfen keine Biegungen oder Kurven enthalten, damit eventuell ausströmendes Gas in jedem Fall sicher entweichen kann.“ Manchmal muss auch hier nachgearbeitet werden, sagt Alke. „Viele Bootseigner stören die kurzen Gummischläuche, weil man oft die – schwere – Gasflasche nur im Kasten umständlich und aufwändig drehend an das System bekommt. Da kenne ich viele, die fluchen – andererseits ist es wirklich wichtig und gut, den Gummianteil zu reduzieren.“
Ist die Anlage umgebaut, kommt für Thore Alke der vorletzte – und vielleicht wichtigste – Arbeitsschritt: Das sogenannte „Abdrücken“. Hierbei wird das Ofen-Ende des Leitungssystems dicht gesetzt, also abgedrückt, und über eine spezielle Druckpumpe Pressluft in das System gegeben. „Das System muss 50 mBar Druck über einen Zeitraum von 10 min verlustfrei halten.“ Alke hat dies sicher zu stellen und zu protokollieren: Er steht dafür mit seinem Namen gerade. „Ich gehe dann nochmal auf Nummer sicher und gebe mehr Druck ins System nach diesem Test, um ganz sicher zu gehen.“
Wenn sichergestellt ist, dass die Umbauten einwandfrei funktionieren, wird dies im Prüfbuch notiert: „Das Prüfbuch sollte an Bord zu den Dokumenten zählen, die der Eigner stetig mit sich führt.“ Es kann sein, dass bei einer Kontrolle nämlich nicht nur der Sportboot-Führerschein oder der Mehrwertsteuernachweise gefragt wird, sondern eben jener Nachweis, der die Flüssiggas-Anlage betrifft: „Nicht überall ist dies Pflicht“, stellt Thore Alke klar: „Reviere wie der Bodensee beispielsweise schreiben dies vor, an der Ostsee bleibt es dem Eigner überlassen, die Entscheidung zu treffen.“ Fakt ist aber auch, wer den Umbau hat, fährt sicherer – im wahrsten Sinne des Wortes!
Alke baut dann noch den Ofen wieder ein und bringt alle Paneele an. Hinterher sieht man kaum etwas von dem Aufwand, der hier betrieben worden ist: „Bei der OCEANIS 30.1 waren das jetzt knapp 3 Stunden, wie gesagt, bei größeren Yachten kann das auch gern mal länger dauern.“ Zum Schluss klebt Thore die begehrten Aufkleber in den Gaskasten und hinterlässt ein sauberes Schiff, das nun weiter in die Kommissionierung gehen kann.
Gasprüfung: Lieber nicht sparen!
„Auch wenn es ein weiterer, lästiger Kostenpunkt beim Bootsbudget ist, sparen würde ich hieran nicht“, sagt Thore Alke. Auf Nachfrage teilen uns einige Yacht-Versicherer mit, dass der Gasanlagen-Umbau nach G 608 tatsächlich Teil der Versicherungsbedingungen sei – bei anderen Versicherern wird hierauf weniger Wert gelegt: „Im Zweifel sollten rund 600 Euro aber angesichts des Gesamtbudgets und dem Plus an Sicherheit immer drin sein“, resümiert Thore Alke.
Sie interessieren sich für weitere Details des Gas-Anlagen-Umbaus nach G 608 oder möchten uns Fragen zum Thema Neuboot-Kauf stellen? Schreiben Sie uns bitte gern eine Email an info@enjoy-yachting.com
„Unsere deutsche G608 bietet Eignern die maximale Sicherheit an Bord: Eine Umrüstung von EU auf deutsche Vorgaben ist wirklich sinnvoll.“
Thore Alke, Leiter Technik & Service bei ENJOY YACHTING